Tagung
Die Macht der Mythen
Samstag, 22. März 2014, 13:00 - 18:00 Uhr, OHO Offenes Haus Oberwart, Lisztgasse 12, Oberwart
Begrüßung: Paul Gulda (Verein RE.F.U.G.I.U.S.)
Bürgermeister ADir. Georg Rosner (Stadtgemeinde Oberwart)
Bei dieser Tagung wollen wir uns dem Gebrauch und Missbrauch von Mythen widmen. Die Beschäftigung mit Mythen kann einen wichtigen Beitrag zur Erforschung von Geschichtsbewusstsein und Identität leisten, ebenso wie zur Erklärung von Ideologien und politischer Kultur. Ein Mythos ist eine sinnstiftende Erzählung, die Unbekanntes mit Bekanntem erklären will. Politische Mythen als stereotype, verfestigte Geschichtsbilder heben das im kollektiven Gedächtnis hervor, was die jeweilige Gesellschaft bzw. Kultur für existenziell notwendig hält. Sie sind letztlich eine Erklärung und Deutung historischer Vorgänge und eine Beglaubigung der grundlegenden Werte, Ideen und Verhaltensweisen von Gruppen. Ein politischer Mythos basiert somit letztlich auf einer "gemachten, erfundenen Erinnerung", da er die Vergangenheit idealisiert. Mythen sind ein zentrales Mittel zur Kommunikation und dienen der Mobilisierung von Massen. Sie können zum Funktionieren und zur Organisation von Gesellschaft beitragen. Der Nationalsozialismus war ein politisches Programm, das Arbeitsplätze und kollektiven Zusammenhalt versprach, aber auch eine „Bewegung“ der großen Legenden, Bilder, Symbole und Rituale. Aus verschiedenen Elementen wurde eine Art Ersatz-Mythologie zusammengebaut, die Fragen nach dem Ursprung und der Zukunft beantworten wollte und die Helden der Vorzeit zu Identifikationsmustern für die Gegenwart verklärte. Ein „messianischer“ Führer versprach einem suchenden Volk geistige Orientierung und die Errichtung eines in die Ewigkeit reichenden „Tausendjährigen Reiches“. Man entwarf einen „arischen“ Ursprungsmythos, der die Überlegenheit der Germanen über alle anderen definierte. Heute werden in der rechten Szene Mythologie und Esoterik wiederum dazu benutzt, völkisch-rassistischen Weltanschauungen „Tiefe“ und geheimnisvollen Glanz zu geben. Es beginnt in den 1970er Jahren und verstärkt sich seit den 1990er Jahren: militante fremden- und minderheitenfeindliche Gruppierungen reichern ihre Propaganda mit Elementen des Mystischen, Esoterischen an. Mit den Tendenzen zur Fragmentierung und Auflösung bestehender Identitätsmodelle in der globalisierten Welt geht ein Erstarken von New Age und Esoterik einher. Auch in Ungarn bedient sich die derzeitige Regierung Orban alter Mythen: Die Magyaren werden nicht allein als eine kulturelle, sondern auch als eine Abstammungsgemeinschaft verstanden, wofür auch das neue Staatsbürgerschaftsgesetz nach dem völkischen Prinzip des ius sanguinis steht. Der Okkultismus scheint zu einer Massenbewegung zu werden. Dieser wird von den christlichen Kirchen weitgehend geduldet. Die »Urschrift«, die altungarische Runenschrift, und das ungarische »Urvolk« werden verherrlicht, der Schamanismus blüht. Selbst im Parlament ist ein schamanisches Tanzritual zum Schutz der »Heiligen ungarischen Krone« durchgeführt worden. In Ungarn wird eine Politik der „Volksgemeinschaft“ verfolgt, die die gesamte Gesellschaft durchdringt.
Ljiljana Radonic
(Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften)
Europäisierung der Erinnerung - Der Holocaust als negativer Gründungsmythos?
Eduard Gugenberger
(Historiker und Journalist/ Pielach Niederösterreich)
Von Ehre und Treue. Alte Mythen in neuem Gewand
Andreas Koob
(Journalist und Autor/Budapest)
Ensemble der Abwertung – die Konjunktur von Feindbildern im Inneren der Ungarischen Gesellschaft
Marco Schicker
(Chefredakteur Pester Llyod Tageszeitung für Ungarn und Osteuropa/ Budapest)
Auf den Schwingen des Turuls hinaus aus Europa? Mythen als Instrument politischer Manipulation im heutigen Ungarn
Moderation: Eva Schwarzmayer, Andreas Lehner
v.l.n.r. Horst Horvath, Ljiljana Radonic, Paul Gulda, Eduard Gugenberger, Andreas Koob, Eva Schwarzmayer, Marco Schicker, Andreas Lehner, Christine Teuschler
Gedenken
Gedenkfeier für alle Opfer des Südostwallbaus
Sonntag, 23. März 2014, 14.00 Uhr, Mahnmal Kreuzstadl Rechnitz
mit Paul Gulda (RE.F.U.G.I.U.S.)
Altbischof Dr. Paul Iby
(Vertreter der katholischen Kirche)
Superintendent Mag. Manfred Koch
(Vertreter der evischen Kirche)
Oberkantor Shmuel Barzilai
Vilmos Siklósi
(Israelitische Kultusgemeinde Zalaegerszeg)
Hauptredner: Peter Menasse (Bild unten)
Die Bilanz des Schreckens
Die Tafel zum Gedenken an die Opfer der Israelitische Kultusemeinde Szombathely wird enthüllt.
Texte zum Download:
Paul Gulda: Rede beim Kreuzstadl 2014 pdf
Eduard Guggenberger: Die rechte Renaissance pdf
Peter Menasse: Die Bilanz des Schreckens pdf
Ljiljana Radonic: Europäisierung der Erinnerung pdf
Marco Schicker: Auf den Schwingen des Turuls pdf